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Food Policies: Wie die Kantone Luzern und Zürich für eine nachhaltige Ernährung sorgen
Von Foodways
Die Ernährung spielt eine entscheidende Rolle für die Umwelt und das Klima. Was wir essen, wie wir es produzieren und wie viel wir verschwenden, hat erhebliche Auswirkungen auf unseren Planeten. Deshalb ist es wichtig, sich für eine nachhaltige Ernährung einzusetzen, die sowohl gesund als auch umweltfreundlich ist. Doch wie können wir das erreichen? Und welche Rolle spielen die Kantone bei diesem Unterfangen?
In diesem Blogbeitrag stellen wir zwei Beispiele aus den Kantonen Luzern und Zürich vor, die zeigen, wie sich Kantone und Gemeinden für eine nachhaltige Ernährung einsetzen und welche Massnahmen sie ergreifen können.
Was sind Food Policies?
Food Policies sind öffentliche Massnahmen, die sich damit befassen, wie Nahrungsmittel produziert, verarbeitet, verteilt, gekauft oder bereitgestellt werden. Sie sind so konzipiert, dass sie den Betrieb des Nahrungsmittel- und Landwirtschaftssystems beeinflussen und gleichzeitig die menschlichen Gesundheitsbedürfnisse sicherstellen. Dazu gehören oft Entscheidungen über Produktions- und Verarbeitungstechniken, Marketing, Verfügbarkeit, Nutzung und Konsum von Lebensmitteln im Interesse der Erreichung oder Förderung sozialer oder ökologischer Ziele. Food Policies können auf jeder Ebene, von lokal bis global, von einer Regierungsbehörde, einem Unternehmen oder einer Organisation erlassen werden
Luzern: Eine Bio-Offensive und die Vermeidung von Lebensmittelabfällen
Um den Verkauf von Bio-Produkten aus Luzern zu fördern, hat der Kanton Luzern den «Aktionsplan Biolandbau» eingeführt. In Zusammenarbeit mit Bio Luzern und dem Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband setzt der Kanton Massnahmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette um.
Diese Initiative kommt zur richtigen Zeit, da die Bio-Branche und die Nachfrage nach biologischen Produkten in der Schweiz kontinuierlich wachsen. Im Jahr 2022 betrug der Marktanteil von Bio bereits 11,2 Prozent. Der Kanton Luzern beabsichtigt, dieses Wachstum weiter anzukurbeln und gezielt zu fördern. Ziel des Aktionsplans ist es daher, den Verkauf von biologischen Produkten aus Luzern zu steigern und den Anteil der ökologisch bewirtschafteten landwirtschaftlichen Fläche zu erhöhen.
Der Plan enthält konkrete Ziele:
- Ein Anteil von mindestens 15 Prozent an ökologisch bewirtschafteter landwirtschaftlicher Fläche.
- Eine Steigerung der Wertschöpfung im ökologischen Landbau um 4 Prozent.
- Die Auszeichnung von 40 Gastronomiebetrieben mit dem Label «Bio Cuisine».
Zusätzlich beabsichtigt der Kanton Luzern, den Wissensaustausch zwischen Forschung, Bildung und Beratung im ökologischen Landbau zu stärken. Die Zusammenarbeit zwischen Produzenten und regionalen Verarbeitungsbetrieben soll erheblich intensiviert werden, um den Marktanteil von biologischen Produkten weiter zu erhöhen. Als bedeutender Landwirtschaftskanton hat sich die Anzahl der Bio-Betriebe in Luzern seit dem Jahr 2000 bereits mehr als verdoppelt und liegt nun bei 485 Betrieben. Der Anteil der Bio-Betriebe beträgt derzeit etwa 11,1 Prozent (Schweiz: 16,2 Prozent).
Food Save Luzern
Neben der ökologischen Produktion ist auch die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung ein wesentlicher Aspekt einer nachhaltigen Ernährung. Der Kanton Luzern hat daher eine Strategie zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen entwickelt, die verschiedene Massnahmen zur Vermeidung, Reduzierung und Verwertung von Lebensmittelabfällen umfasst.
Denn allzu oft landen Lebensmittel im Müll anstatt auf dem Teller. Laut dem Bundesamt für Umwelt fallen in der Schweiz jährlich 2,6 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle an – davon etwa ein Zehntel in der Gastronomie. Mit dem Projekt «Food Save Luzern» engagiert sich der Kanton Luzern in Zusammenarbeit mit United Against Waste (UAW). United Against Waste ist eine Initiative der Schweizer Ernährungswirtschaft, die sich für die Reduzierung von Lebensmittelabfällen einsetzt und die Halbierung der Lebensmittelabfälle in der Branche anstrebt.
Insgesamt werden 30 Gastronomiebetriebe im Rahmen des Projekts dabei unterstützt, ihre Lebensmittelabfälle zu reduzieren und dadurch zusätzlich Kosten einzusparen. Alle teilnehmenden Betriebe erhalten zu Beginn ein umfassendes Coaching, messen anschließend regelmässig ihre Lebensmittelabfälle und haben die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch mit anderen teilnehmenden Betrieben. Nach der Analyse wird in einem Aktionsplan dargelegt, wie Abfälle und Kosten eingespart werden können. Die Erfahrung von United Against Waste zeigt, dass durch einfache Massnahmen wie ausgewogene Portionen und durchdachte Einkaufsplanung durchschnittlich 35 Prozent der Lebensmittelabfälle nachhaltig reduziert werden können. Das Projekt umfasst insgesamt drei Messungen, die sich über einen Zeitraum von zwei Jahren erstrecken.
Beeindruckende Ergebnisse im Luzerner Kantonsspital
Das Luzerner Kantonsspital (LUKS) ist seit 2018 ein Vorzeigebeispiel in diesem Bereich und hat beeindruckende Ergebnisse erzielt. Nach einer anfänglichen Messung des aktuellen Zustands und darauf folgenden systematischen und kontinuierlichen Bemühungen konnte das LUKS eine Reduktion der Lebensmittelabfälle um 50 Prozent erreichen. Seitdem setzt das Kantonsspital weiterhin aktiv Massnahmen um, um Lebensmittelabfälle nachhaltig und langfristig in der Küche einzusparen.
Zürich: Nachhaltige Ernährungsrichtlinien und Future Food Initiative
Der Kanton Zürich hat ebenfalls eine «Nachhaltige Ernährungsrichtlinie» entwickelt, die die Vision einer gesunden, genussvollen und umweltfreundlichen Ernährung für alle formuliert. Denn die Ernährung hat einen erheblichen Einfluss auf unsere Umwelt und verursacht in der Schweiz 28 Prozent der Umweltbelastungen. Eine Veränderung unserer Ernährungsgewohnheiten trägt daher maßgeblich zur Ressourcenschonung und zum Klimaschutz bei und birgt großes Potenzial für eine umwelt-, sozial- und wirtschaftsverträgliche Versorgungskette.
Das Leitbild des Kantons Zürich basiert auf folgenden Grundsätzen:
- Die Ernährung ist ausgewogen, vielfältig, voller Genuss, ein Teil unserer kulturellen Identität und ein wesentlicher Faktor für Gesundheit und Wohlbefinden.
- Die Art der Ernährung ist vom Anbau bis zum Konsum und zur Entsorgung umweltverträglich und trägt somit massgeblich zum Klimaschutz und zur Ressourcenschonung bei.
- Die Erhöhung des Anteils pflanzlicher Proteine hat dabei einen zentralen Stellenwert. Tierische Produkte werden unter Berücksichtigung des Standorts und den Anforderungen an das Tierwohl produziert.
- Innovation, geschickte Nutzung moderner Technologien (FoodTech) und Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette sind Schlüsselfaktoren für ein nachhaltiges Ernährungssystem.
- Die Lebensmittel sind von hoher Qualität und gesundheitlich unbedenklich. Lebensmittelverschwendung wird vermieden.
Zur Umsetzung des Leitbilds stehen beispielsweise folgende Massnahmen zur Verfügung:
- Die Förderung von Bildung und Sensibilisierung für eine nachhaltige Ernährung in Schulen, Betrieben und der Öffentlichkeit.
- Die Unterstützung von Projekten, die eine nachhaltige Ernährung fördern, wie zum Beispiel die Plattform «Züri isst», die regionale Produkte vermarktet und Kochkurse anbietet.
- Die Schaffung von Rahmenbedingungen, die eine nachhaltige Ernährung erleichtern, wie zum Beispiel die Vergabe von Labels oder Zertifikaten für nachhaltige Gastronomiebetriebe.
Die Vernetzung von Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft, die sich für eine nachhaltige Ernährung einsetzen.
Die Herausforderungen und Chancen von Food Policies
Um massgeschneiderte Food Policies umsetzen zu können, müssen verschiedene Akteure einbezogen werden, wie zum Beispiel Regierungen, Bauernverbände, Verbraucher- und Umweltorganisationen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Dabei ist es wichtig, die unterschiedlichen Interessen und Perspektiven zu berücksichtigen und einen Konsens zu finden.
Eine der grössten Herausforderungen bei der Implementierung von Food Policies in Gemeinden und Kantonen besteht deshalb oft darin, die Interessengruppen an einen Tisch zu bringen und koordiniert vorzugehen.
Gleichzeitig bieten Food Policies auch viele Chancen für eine nachhaltige Entwicklung. Sie können dazu beitragen, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bevölkerung zu verbessern, die Umwelt zu schützen, die lokale Wirtschaft zu stärken und die soziale Gerechtigkeit zu fördern. Sie können auch als Vorbild für andere Regionen dienen und einen Beitrag zur globalen Ernährungssicherheit leisten.
Ein Beispiel für die Vernetzung von Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft, die sich für eine nachhaltige Ernährung einsetzen, ist die Future Food Initiative. Dabei handelt es sich um eine Kooperation der ETH Zürich, der EPFL und mehrerer Schweizer Unternehmen, die sich der Entwicklung innovativer und nachhaltiger Lösungen für die globale Ernährung verschrieben hat. Die Initiative fördert die interdisziplinäre Forschung und den Wissenstransfer in den Bereichen Ernährungswissenschaft, Lebensmitteltechnologie und Agrarwissenschaften.
Einige Beispiele von Forschungsprojekten sind:
- Entwicklung von Fleischalternativen auf pflanzlicher Basis, die in Geschmack und Konsistenz tierischen Produkten ähneln.
- Untersuchung neuer Anbaumethoden, die weniger Ressourcen verbrauchen und höhere Erträge liefern, wie vertikale Landwirtschaft oder Aquaponik.
Erforschung ungenutzter Nahrungsquellen, wie Algen oder Insekten.
Wie können Bürgerinnen und Bürger Einfluss nehmen?
Doch auch Bürgerinnen und Bürger können auf verschiedene Weise Einfluss nehmen auf die Gestaltung und Umsetzung von Food Policies. Sie können zum Beispiel an öffentlichen Debatten teilnehmen oder sich an Konsultationsprozessen beteiligen. Um direkt Einfluss zu nehmen, können sie auch Unterschriften sammeln, Petitionen oder Befragungen starten.
Ausserdem können sie sich in Vereinen oder Initiativen engagieren, die sich für eine nachhaltige Ernährung einsetzen. Das kann andere motivieren und inspirieren, sich ebenfalls für Nachhaltigkeit einzusetzen. Denn Nachhaltigkeit ist Netzwerkarbeit.
Aber es ist auch sinnvoll, das eigene Konsumverhalten zu überdenken und bewusste Entscheidungen zu treffen. Genauso hilfreich kann es deshalb sein, wenn Interessierte sich konkret über Themen rund um nachhaltige Ernährung informieren.
Food Policies: Richtlinien für mehr Nachhaltigkeit
Food Policies sind politische Rahmenbedingungen, die den Zugang zu gesunder Ernährung fördern. Sie berücksichtigen dabei nicht nur die individuellen Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten, sondern auch die sozialen, ökologischen und ökonomischen Aspekte der Ernährungssysteme. In diesem Artikel haben wir zwei Beispiele von Food Policies aus der Schweiz vorgestellt: das Leitbild für nachhaltige Ernährung des Kantons Zürich und die Politik für eine bedarfsgerechte und umweltverträgliche Produktion des Kantons Luzern. Diese Beispiele zeigen, wie Food Policies dazu beitragen können, eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Bürgerinnen und Bürger können ebenfalls auf verschiedene Weise Einfluss nehmen auf die Gestaltung und Umsetzung von Food Policies. Denn die Kantone Luzern und Zürich sind nur zwei Beispiele für das Engagement innerhalb der Schweiz im Bereich nachhaltiger Ernährung. Es gibt viele weitere Initiativen und Projekte auf nationaler und lokaler Ebene, die dazu beitragen, dass wir uns gesund und umweltbewusst ernähren können.
Foodways